Das Internet und Selbsthilfe-Bücher sind voll von Wegen, sich selbst lieben zu lernen.
Warum aber der erste und wichtigere Schritt Selbstakzeptanz ist, erfährst du in diesem Artikel.
Bestimmt hast du auch schon mal den Tipp bekommen, dich morgens vor den Spiegel zu stellen, dich freundlich anzulächeln und dann noch etwas Nettes zu sagen wie:
“Ich bin schön!“
Doch dann fällt dir ein Pickel auf, oder Augenringe, oder irgendetwas, dass alles andere als schön ist – zumindest, wenn du es gerade in deinem eigenen Gesicht siehst.
Sich selbst zu lieben kann doch nicht so schwer sein
Instagram, Youtube und Co. bieten unzählige solcher kleinen Übungen, um dein Selbstbewusstsein zu steigern und ja, da ist sogar etwas dran.
Tatsächlich sendest du zum Beispiel über das Aktivieren der Lachmuskeln eine Botschaft an dein Gehirn.
Welches wiederum veranlasst, Hormone im Körper auszuschütten, die deine Laune und auch dein Selbstwertgefühl steigern.
Das passiert sogar, wenn dein Lächeln nicht echt ist, du also nur so tust als ob.
Das Problem bei allen Übungen und Tipps
Bis die Wirkung solcher Übungen länger anhält und dich tiefer berührt braucht es Zeit, wenn es überhaupt funktioniert.
Denn du versuchst etwas mit dem Kopf zu steuern, was sich in deinem Inneren ganz anders anfühlt.
Man nennt das auch “Top-down Regulation“.
Jedes Mal, wenn ich solche Übungen ausprobiert habe, fand ich es eher frustrierend als aufbauend.
Also setzte ich einen Tag aus, dann noch einen Tag und irgendwann hatte ich die Übung einfach wieder vergessen, bis sie mir irgendwer nochmal vorschlug.
Sei geduldig und freundlich mit dir
Das gilt übrigens auch für andere Übungen zur Selbstliebe, sei es jeden Tag aufzuschreiben, wofür du dankbar bist, oder was du an dir magst.
Versteh mich nicht falsch, all das kann dir helfen, dich wohler mit dir selbst zu fühlen.
Es lohnt sich immer wieder auszuprobieren und auch dranzubleiben.
Doch mir ist wichtig, dass du weißt:
Alles ist ok mit dir, wenn all diese Übungen erstmal nicht wirken!
Echte Selbstliebe braucht ein tiefes Fundament!
Viele Jahre lang hast du dich nicht selbst akzeptiert, sondern für ungenügend oder hässlich gehalten und deinen Körper abgelehnt.
Im schlimmsten Fall hast du all das auch noch von außen immer wieder zu hören und spüren bekommen.
Deshalb gibt es leider auch keinen schnellen Weg zu mehr Selbstliebe.
Keine Challenge und keine Übung der Welt kann das von heute auf morgen ändern.
Das liegt nicht an dir.
Du kannst dieses Gefühl nur Stück für Stück von innen heraus entwickeln.
Das nennt man dann “Bottom-up Regulation“.
Dich selbst abzuwerten schützt dich
Wirst du zum Beispiel in der Schule immer wieder gemobbt, bedeutet das Stress und Schmerz für dich und dein Nervensystem.
Damit der Schmerz weniger wird, schaltet dein System einen Teil deiner Gefühlswelt ab.
Damit der Stress weniger wird stellt sich dein System darauf ein, dass das, was du erlebst die Normalität ist.
So wirst du innerlich nicht immer wieder überrascht und überfordert, oder musst dagegen ankämpfen.
Einfacher gesagt: Dein Kopf bleibt bei den negativen Sprüchen, die du gesagt bekommst hängen und sendet sie einfach jeder Zeit, auch wenn gerade von außen nichts kommt.
Denn für dein System bedeutet das immer noch weniger Stress, als immer wieder neu verletzt zu werden.
Von dem Gefühl, sich selbst zu lieben, ist es natürlich weit entfernt.
Selbstakzeptanz als Startpunkt
Selbstakzeptanz klingt nicht so spannend und schön, wie Selbstliebe.
Und das ist es auch nicht, um ehrlich zu sein.
Doch es ist dein Ausgangspunkt.
Dein System muss umlernen, so zu sagen ein neues Programm fahren und die Vorstufe davon ist echte Selbstakzeptanz.
Es geht zuerst darum zu akzeptieren, wie es aktuell ist.
Nicht nur dich selbst zu akzeptieren, sondern viel mehr auch, dass du dich eben (noch) nicht magst.
Das ist dein Startpunkt und erst wenn du wirklich auf Start stehst, kann die Reise losgehen.
Jeden Tag ein bisschen mehr
Wenn du einmal richtig anfängst, fällst du nicht immer wieder ganz tief.
Ich habe immer wieder an mir gezweifelt, weil die ganzen schnellen Lösungen einfach nicht funktioniert haben.
Auch heute noch gibt es Tage, an denen mir das mit der Selbstliebe wirklich schwerfällt.
Doch ich schaue in den Spiegel und mag, was ich sehe – Mich.
An vielen Tagen finde ich sogar schön, was ich sehe.
Die Spiegel-Übung mal anders
Wie kommst du dahin?
Versuch doch mal morgen früh in den Spiegel zu schauen und dabei zu beobachten, was in dir passiert.
Vielleicht fällt es dir schon schwer, dich überhaupt anzuschauen. Das ist ok!
Oder es fällt dir schwer, dich nicht gleich zu bewerten. Auch das ist ok!
Es ist einfach dein Ausgangspunkt.
Dann beobachte, was du dabei empfindest, wenn du dich im Spiegel angucken sollst.
Gibt es zum Beispiel den Impuls einfach aus dem Bad zu gehen und etwas anderes zu tun?
Spannt sich dein Körper an und wenn ja, wo?
Versuche diese Empfindungen und Gefühle nur einen kleinen. Moment lang auszuhalten, ohne gleich abzubrechen.
Und dann beendest du die Übung und machst am nächsten Tag weiter.
Vielleicht schreibst du deine Beobachtungen auf.
So kannst du nach einer Zeit nachvollziehen, was sich in dir verändert.
Du lernst dich selbst besser. Ein Schritt nach dem anderen.
Hab‘ Geduld mit dir und sieh‘ es als Beginn einer Reise zu dir selbst.
PS: Wenn dich mal der Mut verlässt, denk daran:
- Es gibt keine schnellen Wege zu echter Selbstliebe und das liegt nicht an dir.
- Allein, dass du dich auf den Weg gemacht hast und dich mit dir selbst beschäftigst, zeigt wie mutig du bist!
… und dass du dich jetzt schon, zumindest ein bisschen, liebst ;-).